Stressessen – wenn der Kopf zur Schokolade greift

Stressessen – wenn der Kopf zur Schokolade greift

Von Bastian Hegerfeld

Kennt ihr das? Ihr hattet einen stressigen Tag, seid müde, überfordert – und plötzlich landet die Tafel Schokolade auf eurem Schoß. Nicht weil ihr hungrig seid. Sondern weil euer
Körper gerade nach schneller Entspannung verlangt.

Warum wir bei Stress zum Essen greifen
Stress aktiviert dein Nervensystem: Adrenalin und Cortisol werden ausgeschüttet, euer Körper geht in Alarmbereitschaft. Gleichzeitig sinkt das Bedürfnis nach ausgewogener
Nahrung – und der Wunsch nach schneller Energie steigt. Klingt paradox? Ist es nicht. Cortisol fördert das Verlangen nach kalorienreichen Lebensmitteln – vor allem nach Zucker, Fett und Salz. Euer Körper will sich „schnell beruhigen“ – und euer Gehirn erinnert sich daran, dass Süßes oder Knuspriges schon früher für kurze Entspannung gesorgt hat. So entsteht ein Belohnungsmuster: Stress → Essen → kurzes gutes Gefühl.

Doch das hat einen Haken: Stressessen liefert zwar kurzfristig Erleichterung, aber keine Lösung. Im Gegenteil – langfristig kann es zu einer ungesunden Gewichtszunahme, Verdauungsproblemen und einem dauerhaft erhöhten Insulinspiegel führen. Auch euer Hormonhaushalt kann aus dem Gleichgewicht geraten, wenn das Muster regelmäßig abläuft.


Es geht nicht um Disziplin – sondern um Muster
Viele Betroffene machen sich Vorwürfe: „Ich habe einfach keine Willenskraft.“ Doch das greift zu kurz. Stressessen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein erlerntes Verhalten. Euer Gehirn hat die Verbindung „Essen = Entspannung“ abgespeichert – oft über Jahre. Besonders tückisch: Das Belohnungssystem im Gehirn spielt eine zentrale Rolle. Wenn ihr bei Stress esst, wird Dopamin ausgeschüttet – ein Neurotransmitter, der euch kurzzeitig besser fühlen lässt. Dieses positive Gefühl wird gespeichert. Je öfter ihr diesem Muster folgst, desto stärker verankert es sich.


Wann Stressessen problematisch wird
Nicht jeder Griff zum Snack ist gleich ein Problem. Aber: Wenn Essen regelmäßig zur einzigen Strategie wird, mit unangenehmen Gefühlen umzugehen, ist Vorsicht geboten. Auch körperliche Anzeichen wie ständiger Heißhunger, Gewichtszunahme trotz ähnlicher Kalorienzufuhr oder das Gefühl, „nicht mehr aufhören zu können“, können Hinweise sein.

3 Strategien gegen Stressessen

  1. Erkennt euer Muster
    Fragt euch regelmäßig:
    „Bin ich körperlich hungrig – oder brauche ich gerade etwas anderes?“
    Schon diese Reflexion unterbricht das automatische Verhalten.
  2. Findet echte Alternativen
    Was hilft euch, Stress abzubauen – ohne Essen?
    → Ein kurzer Spaziergang
    → 5 Minuten bewusstes Atmen
    → Musik, Telefonat, Bewegung
    Je mehr ihr ausprobiert, desto eher findet ihr neue Wege, auf Stress zu reagieren.
  3. Bereitet euch vor
    Stress kommt – das ist normal. Aber ihr könnt euch vorbereiten:
    → Keine Snacks offen herumliegen lassen
    → Stattdessen gesunde Alternativen bereitstellen (z. B. geschnittenes Gemüse, Nüsse in kleinen Mengen)
    → Und: Situationen bewusst planen, z. B. mit einer „Wenn-dann“-Strategie:

    „Wenn ich gestresst bin, dann gehe ich kurz an die frische Luft, bevor ich esse.“
    Wenn du verstehst, warum du isst – und welche inneren Auslöser dahinter stecken –,
    kannst du neue Strategien entwickeln. Nicht durch Verbote oder Disziplin. Sondern durch
    bewusstes Handeln. Denn: Emotionales Essen verliert seine Macht, wenn ihr lernt, eure
    Bedürfnisse zu erkennen – und auf andere Weise für euch zu sorgen.